Mein Referendariat (1): Der Startschuss ins Lehrerleben

…oder: Der Sprung ins kalte Wasser.
Ist das Referendariat wirklich so hart wie alle behaupten? Man hört es ja von überall: Das Ref sei die schlimmste Zeit im Lehrerdasein, ja schlimmer als das Studium selbst. Ich erinnere mich gerne zurück an den weisen Rat einer Lehrerin aus meiner Praktikumszeit an einer Grundschule: „Genieß die Uni-Zeit! Das Studium ist ein Spaziergang im Gegensatz zum Referendariat!“ Damals musste ich schon schlucken. Ob sie wohl Recht hat? Das Studium war ja alles andere als ein Zuckerschlecken oder ein Spaziergang. Würde es jetzt wirklich noch schlimmer kommen oder übertreiben einfach alle „fertigen Lehrer“? Ich beruhigte mich einfach selbst nach dem Motto: Mach dir dein eigenes Bild!

Schreckgespenst Referendariat

Zunächst versuchte ich mich vorab zu informieren, um einige meiner gefühlt hundert Fragen vorab zu beantworten (das würde mich doch sicherlich beruhigen!):
Wie viele Unterrichtsbesuche muss ich zeigen? Acht, nein sogar zehn, oh sogar fünfzehn? Wie werden diese bewertet? Es geht eher um die Entwicklung … Wie schreibe ich überhaupt einen Unterrichtsentwurf? Da war doch was in einem Didaktik Seminar an der Uni aus dem dritten Semester – das müsste ich noch irgendwo haben … Auf der Suche nach den Antworten kam noch mehr Verwirrung hoch. Teilweise fand ich bei Dr. Google gar keine Angaben, teilweise ganz unterschiedliche. Ist ja eigentlich logisch, da jedes Bundesland und sogar innerhalb eines Bundeslandes die unterschiedlichen Studienseminare anders und individuell verfahren. Das brachte mich also nicht viel weiter. Meine erste Gedankennotiz war also schnell formuliert: „Warte die Einstellungswoche ab, da bekommst du alle benötigten Informationen. Mach dich nicht vorher verrückt.“

Der erste Kontakt zur neuen Schule

Aber vielleicht konnte ich im Vorfeld meine Fragen zur Ausbildungsschule beantworten (das müsste doch einfacher sein): Wie ist eigentlich meine neue Schule? Werden mich meine Kollegen mögen? Wie viele Schüler sind in einer Klasse?
Ich holte also tief Luft, rief die mir zugeteilte Schule an und bat um einen Kennlerntermin. Zu meiner großen Überraschung wurde ich sehr freundlich empfangen. Ich hingegen kam mir an der anderen Leitung mit meiner nervösen Piepsstimme und einem lautpochendem Herz ziemlich doof vor. Es wurde gleich ein Termin für den nächsten Tag verabredet. Na also, geht doch!
Doch gleich am nächsten Morgen stand ich vor dem nächsten, nie zuvor gedachten Problem: die Kleiderfrage! Du Schreck – was zieht man denn als angehende Lehrerin an? Muss man sich mit etwas Schickem kenntlich machen? Sneakers würden ja wohl nicht mehr gehen als Lehrerin, oder? Ich muss ja schließlich eine Vorbildfunktion sein! Schnell überlegte ich, was meine Lehrer früher denn angezogen haben. Ach, das war früher, jetzt ist doch bestimmt alles anders! Besser etwas schicker als so auszusehen wie ein Schüler selbst, dachte ich mir und zog mich so an, als würde ich ein Bewerbungsfoto machen lassen. Als ich eine Stunde später im Lehrerzimmer den anderen Lehrerinnen zuwinkte, kam ich mir in meiner feinen, weißen Bluse und schwarzen Hose etwas overdressed vor. Ja, es gab Lehrerinnen, die fein angezogen waren, aber auch welche mit Turnschuhen und einem sportlichen und legeren Aussehen. Es war ein bunt gemischter, freundlicher Haufen, der mir zulächelte.
„Zieh dich das nächste Mal so an, wie du dich wohlfühlst“ – zweite Gedankennotiz. 

Überlegt nicht zu lange und wählt ein Outfit, in dem ihr euch wohl fühlt! (Bild: fotolia.com, New York: cofeee)

Gut informiert heißt nicht sorgenfrei

An diesem kurzen Vormittag in der Schule konnte ich mir schon ein gutes Bild machen und auch viele meiner Fragen beantworten. Das tat natürlich gut! „Du fängst übrigens gleich in der ersten Woche an, eigenverantwortlich zu unterrichten.“, teilte mir meine Schulleiterin mit. Ich nickte natürlich eifrig und in meinem Kopf kreiste es nun von neuen Fragen: Eigenverantwortlich klang nach ganz allein in und vor der Klasse. „Wir schmeißen dich sozusagen ins kalte Wasser.“, fügte sie lächelnd hinzu. In meinem Kopf drehte es sich ein wenig, als ich das Schulgebäude verließ. „Für das Referendariat musst du im kalten Wasser schwimmen können“– meine dritte Gedankennotiz.

Und tatsächlich landete ich schneller als gedacht im kalten Wasser …

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