Elterntypen (2): Begrenzt interessierte Eltern

Mitteilungen als E-Mail über einen Verteiler zu verschicken, ist gängige Praxis geworden. So versende ich auch meine Briefe an die Eltern. Zusätzlich bekommen sie eine Papierversion in der Postmappe des Kindes. Eine Gewähr, dass alle Eltern die Mitteilungen lesen, besteht jedoch trotzdem nicht.

Eltern, die nicht informiert sind

Vor einigen Monaten war unser gesamtes Kollegium auf einer schulinternen Lehrerfortbildung. Die Kinder hatten an diesem Tag schulfrei. Bei den meisten Eltern bin ich mir sicher, dass sie die Information gelesen haben, aber eben nur bei den meisten, nicht bei allen!

Also fuhr ich vor der Fortbildung kurz in die Schule. Justus und seine Mutter kamen gemeinsam mit mir am Schultor an. Obwohl es einen Infobrief in Papierform gab, eine E-Mail und die Kinder auch wussten, dass die Schule an diesem Tag ausfiel, ist es nicht bis zu Justus und seiner Mutter durchgedrungen.

Was nun – eine schnelle Lösung musste her? Die Mutter musste zur Arbeit und konnte Justus nicht allein zu Hause lassen. Wir besprachen, welche Möglichkeiten es kurzfristig gibt und entschieden individuell:  Justus bekam von mir einen Arbeitsplan, packte die erforderlichen Arbeitshefte in seinen Schulranzen und fuhr mit seiner Mutter zu deren Arbeitsstelle.

Justus wundert sich, dass er heute als einziger Schüler in die Schule gekommen ist (Bild: fotolia.com, New York: julia_january)

Gelingende Elternarbeit setzt an der individuellen Situation der Eltern an

Du magst dich fragen, warum ich trotz der doppelten Mitteilungsform vorsichtshalber, oder besser vorausschauend, in die Schule gefahren bin. Eine gelingende Elternarbeit ist meines Erachtens nur möglich, wenn Eltern und Lehrer im selben Boot sitzen. Justus´ Mutter einen Vorwurf zu machen, dass sie die E-Mail nicht gelesen hat, ist ebenso sinnlos wie Justus zu fragen, warum er den Infobrief nicht aus der Postmappe herausgeholt und seiner Mutter vorgelegt hat. Ich kann die Eltern aber darin bestärken, sich mehr einzubringen und dem Kind (noch) nicht alles allein zu überlassen.

Justus erzählte mir am nächsten Tag stolz, dass er im Großraumbüro seiner Mutter einen eigenen Schreibtisch hatte und seine Hausaufgaben machen konnte, während die Mutter arbeitete. Es ist also nochmal alles gut gegangen. Die Mutter versprach mir, in Zukunft täglich in die Postmappe zu sehen und auch ihre E-Mails zu beachten. Ich nahm mir vor, wichtige Mitteilungen in gesonderter Form an diese Familie weiterzuleiten. Ich glaube zwar nicht, dass es Justus und seiner Mutter ein zweites Mal passiert, dass sie einen schulfreien Tag versäumen, aber Vorsicht ist besser und für unsere Zusammenarbeit von Vorteil.

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