Ein Gespür für die Rechtschreibung zu entwickeln, geschieht nicht automatisch. Es gibt Kinder, die implizit durch den Sichtwortschatz Rechtschreibung lernen, wenn sie viel lesen. Diese können häufig die richtige Schreibung anwenden, jedoch nicht zwangsläufig erklären, um Regeln auf andere Schreibungen zu übertragen.
Nun gibt es aber auch Kinder, die nicht gern und vor allen Dingen nicht viel lesen, um einen guten Sichtwortschatz aufzubauen.
Dann wiederum gibt es Kinder, die aufgrund verschiedener Gründe nicht zur richtigen Schreibung gelangen können und lange auf der lautlichen Ebene bleiben und nach Gehör schreiben.
Dies beobachte ich schon einige Jahre und bin auch gerade durch meine lerntherapeutische Weiterbildung besonders interessiert daran, hierbei Abhilfe zu schaffen.
Diesbezüglich habe ich mir in verschiedenen Klassen ein ritualisiertes Vorgehen zur täglichen Rechtschreibeinbindung überlegt. In dieser kurzen Serie möchte ich meine Ideen vorstellen.
Rechtschreibung von Beginn an anbahnen
Wenn ich in meinen Klassen den Deutschunterricht starte, geschieht dies durch ein Ritual. Dies ermöglicht den Kindern ein tägliches Rechtschreibtraining und weist von Beginn an darauf hin, dass der größte Teil der deutschen Schriftsprache regelbasiert aufgebaut ist.
Natürlich war das in der ersten Klasse am Anfang nicht ganz so einfach, da die Kinder nicht alle Buchstaben und Laute kannten. Dazu habe ich dann den Schreibturm unseres Lehrwerks „Flex und Flora“ eingebunden und exemplarische Wörter zum „Buchstaben der Woche“ als „Wort des Tages“ gemeinsam erarbeiten lassen.

Das „Wort des Tages“ differenziert erschließen
Das Vorgehen ist differenziert und bietet jedem Kind auf seinem Niveau die Chance zum Mitdenken.
Schritt 1: Anlaut zum Bild bestimmen und an der Tafel aufschreiben
Schritt 2: Silben bestimmen
Schritt 3: Vokale in den Silben bestimmen
Schritt 4: Wort zum Bild in die Lineatur schreiben
Schritt 5: chorisches Lesen, Silben dabei mit Silbenbogen nachfahren
Jeden Morgen sind die Kinder gespannt darauf, welches Wort des Tages an unserer digitalen Tafel erscheint und rätseln dann über die Schreibweise. Gerade auch bei abweichenden Schreibungen zur lautlichen Basis ist dies zur Anbahnung von FRESCH-Rechtschreibstrategien (insbesondere Silbensprache) sehr gewinnbringend.
Auch in Bezug auf das Lesen habe ich Erfolge sehen können, da der Nutzen des Schreibturms durch das Ritual auch als Hilfeleistung zum Erlesen von Buchstaben, die noch nicht eingeführt wurden, automatisiert ist. Dies hilft sehr bei den Freiarbeitsmaterialien oder bei Lese-Mal-Material, das nicht nur auf die bereits eingeführten Buchstaben zugeschnitten ist.
Im nächsten Beitrag stelle ich ein weiteres, ebenso effektives Ritual vor.