Es sind nur noch wenige Tage, die meine Klasse in der Grundschule verbringt. Bald darf ich alle in die weiterführende Schule entlassen. Das ist derzeit nicht für jedes Kind ein Grund zum Jubeln. Zu sehr kommt bei einigen die Angst vor dem Unbekannten und die damit einhergehende Veränderung der Lernumgebung mit den lieb gewonnenen Klassenkameraden zum Ausdruck: Es gibt gerade häufig Spannungen untereinander oder aber auch Kinder, die nicht mehr fröhlich und unbeschwert auf dem Schulhof toben, sondern grübelnd ihre Kreise ziehen.
Harmonieunterricht & Entspannung
Alle Pflichtaufgaben des Schuljahres sind erfüllt, sodass mir als Klassenlehrerin viel Zeit für offene und kreative Teamarbeit bleibt - also für richtig schöne Projekte, die durch den Hybridunterricht zu kurz gekommen sind. Doch gerade hierbei zeigt sich auch die große Unsicherheit meiner „Kleinen“, die doch eigentlich die Größten sind - zumindest für mich! Ich habe mich daher entschlossen, meine feste Stunde für den Klassenrat in der verbleibenden Zeit in einen „Harmonieunterricht“ umzuwandeln. Hierbei kam mir eine CD zu Gute, die ich neulich geschenkt bekommen habe. „Ich bin glücklich, ich bin gut“ - eine CD mit einer Wundertüte zauberhafter Geschichten, die großen und auch kleinen Menschen besondere Momente zur Besinnung auf die innere Stärke beschert.
Zum Start meines „Harmonieunterrichts“ habe ich einen Bodyscan gewählt. Die Kinder ließen sich darauf ein, legten ihre Köpfe ab und lauschten der Geschichte. Dabei wurden einzelne Körperregionen in den Fokus genommen und ihnen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Nach etwa 20 Minuten war der „Bodyscan“ beendet. Drei Kinder konnten ihre Anspannung sogar derart runterfahren und sich auf die Geschichte einlassen, dass sie das Ende der Geschichte nicht mitbekamen und entspannt auf dem Tisch dösten. Im Anschluss haben wir über die Erfahrungen der Kinder gesprochen. Hierbei kamen recht vielfältige Antworten zusammen. Witzig war, dass viele Kinder nicht mitbekamen, dass während des Bodyscans drei Kinder den Raum verließen und zur Toilette mussten. So leise haben sie sich ausgeschlichen und Rücksicht genommen. Denn das Thema der gegenseitigen Achtung und Rücksichtnahme klappte nach der Rückkehr in den normalen Unterricht nicht immer ganz so zuverlässig. Die Schülerinnen und Schüler waren sich schlussendlich aber alle einig: Der „Harmonieunterricht“ sollte wiederholt werden.
Ich bin glücklich, ich bin gut
Die Wiederholung stand dann im Zeichen des Glücks. Was ist eigentlich Glück und wie kann ich es erkennen, insbesondere wenn es mir nicht so gut geht? Zum Thema Abschied nehmen gibt es viele Assoziationen. Dass ein Abschied aber begleitet wird mit guten Erinnerungen und einem Erfahrungsschatz, der glücklich macht und stärkt, stand im Fokus des Themas. Wir hörten dazu die Geschichte „Ich bin glücklich, ich bin gut“ auf der gleichnamigen CD. Neugierig lauschten sie der etwa 10 minütigen Geschichte und tauschten sich in einem Murmelgespräch aus. Im Anschluss arbeiteten wir daran im Sitzkreis weiter.
Hierzu legte ich eine Holzsonne auf eine Decke, deren Strahlen durch positive Äußerungen ausgelegt werden konnten. Jedes Kind durfte einen oder mehrere Strahlen auslegen, indem es folgenden Satz ergänzte: Mich macht es glücklich, dass…. Der zweite Satz wurde begleitet von einer Walnuss, die auf die Sonne in die Mitte gelegt werden sollte: Ich bin gut, weil … Damit habe ich das Mantra der Geschichte aufgegriffen und bewusst auf das ICH gelegt. Manche Kinder überlegten recht lange, weil es ihnen schwerfiel, etwas zu finden, dass sie derzeit glücklich macht bzw. etwas zu finden, dass sie als wertvollen Menschen auszeichnet. Doch schlussendlich hatte jedes Kind etwas formulieren können - manche sogar mehrfach. Die Ergebnisse waren toll und zeigten, dass sich „gut sein“ nicht über Leistung definiert. Es zeigte aber auch, dass trotz des nahenden Abschiedes die guten Erinnerungen bewahrt werden wie auch das Positive im Inneren des Walnusskerns zu finden ist.