Immer wieder stoße ich auf Artikel, die das Thema Lehrergesundheit beinhalten. Oftmals lese ich dabei theoretische Fakten über das Risiko unserer Berufsgruppe. Viel zu wenig wird auf Konkretes eingegangen. Was nützt all die Theorie, wenn der AHA-Effekt durch echte Tipps und Erfahrungen aus dem Leben ausbleibt?
Genau dies möchte ich mit diesem und drei weiteren Beiträgen zum Thema Lehrergesundheit ergänzen. Denn vor einiger Zeit habe ich solche Belastungen erlebt und möchte dir daher das an die Hand geben, was mir wirklich geholfen hat, negative Gedanken und kraftraubende Momente zu überstehen.
Unseren Beruf „Lehrer“ haben wir uns in der Regel ganz bewusst ausgesucht. Doch gerade weil wir den Beruf selbst gewählt haben und gerne Lehrer sind, nehmen wir vieles nicht als Belastung wahr und stellen unsere Gesundheit kaum in Frage. Trotzdem kann es sein, dass wir an unsere Grenzen stoßen: Der Körper mag nicht mehr.
Wann dieser Zeitpunkt kommt und ob er kommt, hängt von deiner jeweiligen Widerstandsfähigkeit und deiner individuellen Belastbarkeit ab. In meinem Fall hatte ich diese Grenze während des Studiums erreicht. Verschiedene Faktoren waren für meinen Zusammenbruch verantwortlich. Ich empfand absolute Leere verbunden mit dem Gefühl zu nichts mehr fähig zu sein.
Ich habe vergessen, mich zu spüren und auf mich selbst und meine Gesundheit zu achten. Bei allem, was mir wichtig war, habe ich nur funktioniert und den Blick lediglich auf ein Ziel gerichtet, das nichts mehr mit mir persönlich zu tun hatte. Gleiches kann passieren, wenn wir uns so sehr mit unserem Beruf identifizieren, dass wir den Blick auf das Unterrichten, auf die Schüler, auf Probleme oder Eltern richten, um allen irgendwie gerecht zu werden.
Gesund bleiben, aber wie?
Ein Patentrezept, um im Lehrberuf psychisch gesund zu bleiben, gibt es wahrlich nicht. Aber wenn du regelmäßig innehältst und mit anderem Blickwinkel auf dich und deine Gesundheit im Lehrberuf schaust, hast du viel gewonnen.
Es geht um dich. Du bist das wertvollste Gut, denn von deinem Befinden hängt vieles ab. Schon mal guten Unterricht gemacht, wenn es dir nicht gut ging? Ich glaube, das ist kaum möglich. Also sorge dafür, dass es DIR gut geht!
Ein Beispiel aus dem Schulalltag
Stell dir vor, eine anstrengende Stunde ist vorbei. Die Schülerinnen und Schüler stürmen aus dem Klassenzimmer in die große Pause. Eigentlich bist du froh über die einkehrende Ruhe, aber dann fällt dir ein, dass du noch etwas vorbereiten musst. Du kopierst ein, zwei Seiten und gehst ins Lehrerzimmer. Anstatt dich zu setzen und deine Pause zu genießen, arbeitest du weiter: Du besprichst dich mit Kollegen, führst vielleicht ein kurzes Telefonat, um einen Elterntermin zu vereinbaren oder du sortierst Unterlagen.
Will sagen, du machst alles mögliche, außer PAUSE. Während die Kinder draußen toben, ihren Schulstress abreagieren und ihrem Gehirn die nötige Pause für neue Leistungen gönnen, schaltest du NICHT ab. Wahrscheinlich nimmst du deine Pause noch nicht mal als Belastung wahr, denn du liebst deinen Beruf.
In der nächsten Pause machst du es genauso. In dein Pausenbrot beißt du nur nebenbei und dein Heißgetränk ist vielleicht schon kalt geworden. Lieblos schlürfst du es runter oder kippst es in den Ausguss. Nach Schulschluss fährst du heim und hast ggf. weiter Verantwortung zu tragen. Du machst deinen Haushalt, hast vielleicht Kinder, die versorgt werden wollen oder setzt dich an den Schreibtisch, um weiterhin für die Schule aktiv zu sein. Am Tagesende bist du müde. Wenn dieses Szenario den Großteil deines Lebens einnimmt, solltest du schleunigst etwas ändern!
Kleine Schritte für Achtsamkeit im Schulalltag
- Nutze die Pause als Pause. Auch wenn es etwas zu organisieren gibt, sorge dafür, dass wenigstens die Nahrungsaufnahme davon ausgeschlossen wird. Hast du schon mal ganz bewusst dein Heißgetränk getrunken, den Schaum des Cappuccinos auf der Zunge zergehen lassen oder den Duft des Kaffees einen Moment bewusst gerochen? Gib deinem Gehirn diese Reize als Nahrung – du wirst sehen, es wirkt!
- Gewinne jeder Unterrichtsstunde etwas Positives ab! Auch die schlechteste Stunde hatte irgendetwas, das gut lief. Erinnere dich an eine Schülerin oder einen Schüler, dem du weiterhelfen konntest. Vielleicht gab es auch einen lustigen Moment, eine Methode oder ein Ritual, das gut geklappt hat. Auch wenn der subjektive Eindruck der Stunde eher negativ war, richte deinen Blick auch auf die guten Aspekte.
- Freue dich über ein Lächeln, eine schöne Begrüßung oder andere Kleinigkeiten, die dir sicherlich im Schulalltag begegnet sind.
Jeder Tag, an dem du dir in der Schule (mehr) Zeit für dich selbst nimmst, ist ein Gewinn für deine psychische Gesundheit.
Ausblick: Im nächsten Beitrag wird’s lustig, denn mit Humor und Freude lässt sich auch ein schlechter Schultag bewältigen.