Wie geht es dir?
Eine Frage, die nicht selten einsilbig beantwortet wird.
Wie geht es deinem Seelenvogel gerade?
Diese Frage fordert dazu auf, in sich hineinzuführen und zu überlegen, wo man sich körperlich spürt.
Dies ist eine Einladung, sich miteinander auszutauschen und sich im Klassenraum zu bestimmten Ecken für die individuellen Seelenvögel zu bewegen. Dazu habe ich drei Seelenvögel vorbereitet: zufrieden, glücklich und traurig. Oft können die Kinder sich nicht für eine Ecke entscheiden und schwanken. Das ist auch in Ordnung und regt die innere Wahrnehmung an. Spätestens bei der sich anschließenden Gestaltungsarbeit sind die Schwankungen meist verschwunden.
Mein eigener Seelenvogel
Die Seelenvögel der Entscheidungsecken habe ich als Bastelvorlage auf gestärktes Papier vorbereitet. Nachdem die Kinder sich für einen Vogel entscheiden haben, beginnen sie ihre kreative Arbeit. Sie malen, bekleben oder gestalten ganz individuell und schneiden ihren Vogel dann aus. Als Material stehen Federn, Stifte, Pailletten, Konfetti, bunte Schnipsel, Knöpfe, Aufkleber, Glitzernder etc. zur Verfügung. Manchmal stelle ich Schaschlikspieße zur Verfügung, um daraus eine Stabpuppe zu gestalten. Am Ende dieses (meist zweistündigen Settings) sind individuelle Seelenvögel entstanden, mit denen die Kinder irgendwie automatisch in Rollenspiele übergehen, sie präsentieren und sich mit ihrem Vogel auch in den folgenden Stunden identifizieren.
Schubladen des Seelenvogels
Kurz nach der Mitte des Bilderbuchtextes geht es um die Vielfalt der Gefühle, hier als Schubladen bezeichnet. Dies greift gern auf, was wir zu Beginn der Einheit erarbeitet hatten. Durch eine Fantasiereise lasse ich meine Schülerinnen und Schüler zu ihrem Seelenvogel reisen und zu sich zu kommen. Im Anschluss beschreiben sie die Haltung und das farbige Aussehen ihres Vogels. Hier wird noch einmal eine Verknüpfung zu einer der vorangegangenen Unterrichtsstunden hergestellt.
Zum Ende dieser Unterrichtsstunde geht es um das gemeinsame Miteinander, die Akzeptanz des anderen durch eine gemeinschaftliche Sonnenmassage. Dazu setzen sich alle Schülerinnen und Schüler hintereinander in eine Reihe und berühren den Rücken/die Schultern der vor sich sitzenden Person. Die dazu passende Geschichte ist am Wetter orientiert – ihr kennt das bestimmt!
Ich – und die anderen
Nachdem viele Einzelstunden den Schwerpunkt hatten, zu sich zu kommen und seine eigenen Bedürfnisse zu spüren, leite ich zum Abschluss der Einheit wieder einen Perspektivwechsel ein. Dazu lese ich zwei unterschiedliche Dilemma-Situationen vor und lasse die Schülerinnen und Schüler Gefühle und Entscheidungen äußern. Dies fördert das Verständnis für verschiedene Sichtweisen. Oftmals schließen sich daran eigene Erfahrungen an, so dass ein toller Gesprächskreis entsteht. Um nochmal Bewegung mit ins Spiel zu bringen, stellen wir unterschiedliche Gefühle der Dilemma-Situationen als Seelenvogel-Bewegung dar.
Und wenn ich dann zwischen den Schülerinnen und Schülern in Pausensituationen Konflikte beobachten kann, frage ich sie immer wieder nach ihrem Seelenvogel. Das hilft bei der Regulierung und schlichtet häufig kleinere Probleme. Denn schließlich möchte doch jeder einen glücklich flatternden Seelenvogel in sich spüren, oder?