Das neue Schuljahr startete und gleich in der ersten Schulwoche fand der Elternabend zur ausführlichen Information über das Projekt Tabletklasse statt. Wir waren bestens vorbereitet aber trotzdem ganz schön nervös. Was würden die Eltern von dem Projekt halten? Welche Fragen würden sie stellen? Hoffentlich hatten wir an alles gedacht!
Warum ist Medienbildung wichtig?
Ich erläuterte den Eltern, warum es in der heutigen, digital geprägten Welt so wichtig ist, Kindern die nötige Medienkompetenz zu vermitteln, um verantwortungsbewusst und sinnvoll mit diesen neuen medialen Möglichkeiten umzugehen. Denn eines sollte uns allen klar sein: egal ob man den digitalen Medien aufgeschlossen oder kritisch gegenüber steht – Computer gehören für uns alle zum Alltag, und ohne sie würden die allermeisten Dinge nicht mehr funktionieren. Und sie werden auch in absehbarer Zeit nicht wieder aus unserer Lebenswelt verschwinden. Die verbreitete Annahme, dass Kinder und Jugendliche durch das Aufwachsen in einer hoch technologisierten Welt automatisch die nötige Medienkompetenz entwickeln, ist allerdings falsch! Diese Kompetenzen müssen erworben werden. (Und die Anerkennung dieser Tatsache spiegelt sich ja auch in den übergeordneten Bildungszielen z. B. des Lehrplans für bayerische Grundschulen wider, in denen die Medienbildung ihren festen Platz hat).
Papierfreies Klassenzimmer?
Das heißt natürlich nicht, dass die Schüler unserer Tabletklasse nur am Tablet arbeiten werden oder wir ein so genanntes „papierfreies Klassenzimmer“ sein wollen. Eine zentrale Aufgabe einer Grundschule ist es nun einmal, den Kindern das Schreiben mit der Hand beizubringen.
Die Tablets sollen nicht wahllos benutzt werden sondern in den Stunden zum Einsatz kommen, in denen sie einen „analogen Unterricht“ bereichern und neue Lernchancen eröffnen. Unser Ziel ist es außerdem, die Kinder zu kompetenten und kritischen Mediennutzern zu erziehen und die Tablets außerdem zur Individualisierung und Differenzierung zu nutzen.
Kosten und Zeitverlust?
Eine große Befürchtung vieler Eltern waren eventuell anfallende Kosten. Hier konnte ich direkt Entwarnung geben: Die Tablets sowie Apps, Kopfhörer etc. sind Teil der Spende oder von der Schule finanziert. Auf die Eltern kommen also keine Kosten zu.
Außerdem stellte ich den Eltern die verschiedenen Apps und Lernprogramme vor und stand in einer abschließenden Fragerunde Rede und Antwort. Es gab Bedenken, ob die Zeit, die wir für die Tabletarbeit nutzen werden, dann für andere Unternehmungen und Ausflüge fehlt. Den Eltern verriet ich an dieser Stelle nicht, dass auch ich mir den einen oder anderen Gedanken machte … so ein Projekt in einer vierten Klasse zu starten … als ob wir mit dem Übergang in die weiterführenden Schulen nicht schon genug um die Ohren hätten. Hoffentlich würde ich mit dem Stoff hinterherkommen und überhaupt Zeit für die Tabletarbeit haben! Denn wie schon einmal erwähnt: Tablets zu bekommen ist toll. Sie dann nicht adäquat zu nutzen ist peinlich.
Rückblickend auf die letzten Monate hat sich übrigens keine dieser Befürchtungen als begründet erwiesen. Ich habe mit meiner Tabletklasse viele Ausflüge gemacht und auch sonst nichts verpasst, dafür aber viele neue Möglichkeiten entdeckt.
Natürlich „verbrauchen“ wir mit den Tablets einige Zeit, z. B. zum Kennenlernen neuer Apps und Programme etc. Aber an anderen Stellen wird der Unterricht dafür effektiver und die Tablets bereichern den Lernablauf. Insgesamt verlieren wir also keine Zeit sondern gewinnen Unterrichtsqualität und Motivation. Und im Übertrittsalltagswahnsinn sind wir stofflich auf einer Höhe mit unseren Parallelklassen.
Der Tabletklasse stand nichts mehr im Wege
Die allermeisten Eltern standen dem Projekt Tabletklasse nach dem Elternabend positiv, aufgeschlossen und neugierig gegenüber. Wie bei wahrscheinlich allen neuen Ideen und Ansätzen, gibt es aber auch bei uns einige wenige Eltern, die das Projekt nicht mögen. Das sind z.B. Eltern, die auch in ihrem Alltag zu Hause sämtliche digitale Medien ablehnen und am liebsten aus ihrem Leben verbannen würden (Überraschenderweise sehen ihre Kinder das übrigens meist anders und verbringen ihre Ferien liebend gerne bei Freunden vor dem Fernseher.
Kein Kind MUSS bei uns mit den Tablets arbeiten. Aber alle Kinder bekamen von den Eltern die Erlaubnis. Wir hoffen, den medienkritischen Eltern im Laufe der Zeit beweisen zu können, dass unsere Tablets eine gute Sache und eine große Chance sind.