Lange haben wir gewartet und auf mehr Normalität gehofft, nun ist es soweit: es gibt wieder volle Klassen! Endlich wieder gemeinsame Pausen mit allen Kindern, Verabredungen und mehr - Aufregung pur! Alle Kinder freuen sich auf die Klassenkameraden, denen sie in letzter Zeit nicht begegnen konnten. Doch die Zeit der pandemiebedingten Schulschließung und Homeschooling war lang und ganz so einfach ist es nicht, zurück zur Normalität zurückzukehren.
Gemeinsamkeiten erkennen, um sich anzunähern
Die Kinder sind die vollen Klassengrößen und die „normale“ Lautstärke nicht mehr gewöhnt. Wohlwissend darum, wie es den Kindern nun geht, habe ich mir zuvor konkrete Gedanken gemacht. Im Grunde genommen habe ich gerade eine Klasse vor mir, die an Erstklässler erinnert. Auch damals sind verschiedene Kinder aus unterschiedlichen Kindergärten zusammengekommen und mussten sich erstmal finden. Daher habe ich meiner Lerngruppe Zeit und Raum gegeben, sich erstmal wieder als Gruppe aufeinander einzulassen. Wie nach den Sommerferien, haben wir ein Bingo-Interview gespielt. Dazu gab es einen Zettel, auf dem verschiedene Möglichkeiten vorhanden waren, z.B. Finde ein Kind, dass in letzter Zeit Geburtstag hatte. Lass dir von einem Kind ein lachendes Gesicht malen, wenn eure Klamotten eine gleiche Farbe haben.Finde ein Kind, das letzte Nacht nicht gut einschlafen konnte, weil es aufgeregt war. Tragt euch gegenseitig ein Kreuz ein, wenn ihr euch lange nicht verabredet habt. Welches Kind hat in der Zeit auf seinem Instrument ein neues Stück gelernt? Das war zur Auflockerung ganz witzig und hob die Stimmung. Da wir dabei draußen waren, nutzten wir die freien Minuten bis zur Pause auch noch für freies Spielen. So kamen wieder Kinder zusammen, die in Gruppen zuvor getrennt waren.
Rituale etablieren
Im Normalbetrieb hatte ich an jedem Freitag einen Klassenrat, bei dem meine Schülerinnen und Schüler Klassenprobleme oder aber auch Wünsche etc. miteinander ausgehandelt haben. Während der Zeit mit halben Klassen ist dies in den Hintergrund getreten. Nun aber soll es wieder fester Bestandteil der Schulwoche werden. Nur habe ich dies zu Beginn der neuen Woche im „Szenario A“ ganz an den Wochenanfang gestellt. Einfach mal zusammen sitzen, gegenseitig von Erlebnissen berichten und anderen mitteilen, wie es ihnen geht. Das erscheint ganz banal, ist aber sehr wichtig. Die Kinder bekommen so ihren „Raum“ zurück, um sich mitzuteilen. Ganz nebenbei achten sie aufeinander und erinnern sich an die ritualisierten Gesprächsregeln. Da meine Klasse kurz vor dem Abschluss der Grundschulzeit steht, war es mir auch wichtig, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Was möchtet ihr noch gemeinsam erleben? Wie gestalten wir eine Abschiedsfeier? Recht schnell kamen viele Ideen zusammen und fast jede/r hat sich eingebracht. Wir haben gemeinsam neue Ziele aufgestellt und schauen nun optimistisch auf die kommenden Wochen. Natürlich ist es durch die Zeit, die ich zur Gruppenfindung investiert habe, nicht dauerhaft entspannt im Klassenraum gewesen. Aber ich kann resümieren, dass sich die investierte Zeit lohnt. Nachdem ich den ersten Tag recht locker und ohne Zielvorgaben meinen Fachunterricht gestaltet habe, kann ich nun gut mit meiner Lerngruppe an kleinen Projekten arbeiten. Sie bekommen wieder Verantwortung für den Schulgarten und auch das Thema Abschlusszeitung steht an. Hierbei unterstützen sie sich gegenseitig und lassen ihre Ideen einfließen. Sie sehen sich wieder als ein Team, sodass auch schulisch etwas mehr Normalität einkehrt.