Lernen mit Pfötchenhilfe (3): Islam und Schulhund – ein Problem?

Schulhund und muslimischer Glaube – die Stellung des Hundes im Islam muss im Schulhund-Unterricht beachtet werden (Foto: Isis)

„Haram“ – Das war … arabisch.
Es ist das Wort, das im islamischen Recht verbotene Handlungen bezeichnet und für mich eine neue Erfahrung bedeutet. Die Schule, an der ich arbeite wird überwiegend von Kindern mit muslimischem Glauben besucht. „Haram“ ist mir deshalb natürlich schon ein Begriff gewesen. Für mich stand er in Verbindung mit dem Essen von Schweinefleisch und Gummibärchen, dem Benutzen von Schimpfwörtern und der Ausübung von Gewalt. Mit unserem Schulhund habe ich „haram“ bisher nicht in Verbindung gebracht. Unser Schulhund Sonho war bereits ab und an mit in der Schule. Die meisten muslimischen Kinder hatten kein Problem damit, ihm Leckerlis zu geben oder ihn anzufassen. Mir fiel allerdings ein Junge in meiner Klasse auf, der sich immer zurückhielt, aber nicht so recht mit der Sprache rausrückte. Seine Mitschüler erklärten mir dann, dass Sonho für ihn „haram“ ist.

Der Hund im Islam aus Kindersicht

Sonho – haram? Wie kann das sein?
Da ich ja die „kleinen“ Experten vor mir sitzen hatte, ließ ich es mir erklären. Die meisten muslimischen Kinder der Klasse erläuterten mir, dass Hunde für sie für das Schafe hüten oder das Bewachen des Hauses zuständig, also Gebrauchshunde, sind. Des Weiteren erklärten sie mir, dass man als Moslem/Muslima einen Hund nicht im Haus halten darf, da die Engel keine Wohnung betreten, in der ein Hund lebt. Für dieses eine Kind war aber schon das Anfassen eines Hundes eine verbotene Handlung – Zeit der Sache noch genauer auf den Grund zu gehen.

Kurzer fachlicher Exkurs zum Schulhund im Islam

Im Islam existieren drei unterschiedliche Lehrmeinungen über die Unreinheit von Hunden:

  • Hunde sind reine Tiere
  • Hunde sind unrein
  • der Speichel des Hundes ist unrein (diese Ansicht ist am häufigsten vertreten)

Wie die Kinder gut beschrieben haben, sind Hütehunde und Wachhunde Gebrauchshunde, die durchaus ein gewisses Ansehen genießen, da sie eine wichtige Aufgabe haben. Außerdem kommen Tiere, also auch Hunde, ins Paradies. Gute Taten gegenüber Tieren werden belohnt, schlechte bestraft. So besagt ein Hadith (Überlieferung vom Propheten Mohammed), dass eine Prostituierte von Ihren Sünden freigesprochen wurde, weil sie einen durstigen Hund aus ihrem Schuh Wasser trinken ließ.

Schulhund und Islam aus Elternsicht

Die meisten Eltern wissen es sehr zu schätzen, dass ich mich so intensiv mit dem Thema auseinandersetze und auch mit ihnen darüber spreche.
Viele Eltern, mit denen ich gesprochen habe, unterscheiden klar zwischen dem Halten des Hundes in der Wohnung und dem Einsatz eines Hundes in der Schule. Das Halten ist für sie auf Grund Ihres Glaubens nicht möglich, die Akzeptanz und Toleranz gegenüber dem Schulhund ist aber durchaus vorhanden.

Aufklärungsarbeit

Das Zusammentragen dieser Informationen über die Stellung des Hundes im Islam mit Hilfe von Kindern, Eltern, Kollegen und Fachliteratur, war ein wichtiger Schritt. Der nächste Schritt war für mich, zu überlegen, wie ich mit den neu gewonnenen Informationen umgehe. Mir war es wichtig, aufzuklären, da viele Menschen keine Vorstellung davon haben, was genau ein Schulhund macht. Als erstes verdeutliche ich immer, dass Sonho nicht als lebendiges „Kuscheltier“ fungiert und erläutere bzw. zeige, wie man mit dem Hund in der Schule arbeitet und was dadurch bewirkt wird. Ich bezeichne Sonho gerne als „modernen Gebrauchshund“, da er eine wichtige Aufgabe erfüllt. Meiner Erfahrung nach ist Bildung ein wichtiger Aspekt im Islam. Eine für einen Hundeliebhaber vermutlich unpassende Bezeichnung, aber wenn man so will, ist der Hund Lehrmittel, der als Co-Pädagoge hilft, die Atmosphäre und somit das Lernen zu verbessern.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Islams ist der Respekt. Durch den Schulhund wird der Respekt gegenüber Tieren, aber auch der gegenseitige Respekt und die Empathiefähigkeit gefördert.

Islamische Kinder und der Schulhund im Unterricht

Im Unterricht gibt es viele Möglichkeiten, von dem Hund zu profitieren, ohne direkten Kontakt mit ihm zu haben. Ich betone immer wieder, dass ich jede Entscheidung der Kinder akzeptiere und respektiere und Möglichkeiten schaffe, trotz ihres Glaubens oder auch einer Allergie oder Angst, mit dem Hund zu lernen. Ich stelle den Kindern Einweghandschuhe zur Verfügung, sie können Sonho mit einem Löffel das Leckerli geben oder es fallen lassen, auch das Belohnen mit der Futtertube ist eine gute Alternative. Zudem gibt es viele Materialien und Spiele, die keinen direkten Kontakt mit dem Hund erfordern. Außerdem gewährleiste ich die Hygiene durch das Handeln nach dem Hygieneplan und stelle zusätzlich Handdesinfektionsspender zur Verfügung.
Mit diesen Maßnahmen ermögliche ich Kindern muslimischen Glaubens das Lernen mit unserem Schulhund Sonho im Einklang mit ihrer Religion.

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