Mittwochmorgen, die ersten beiden Stunden. Das Projekt vorstellen, die benötigten Materialien klären, Vorgehensweise erläutern und dann geht das Gewusel los. Willkommen im Kunstunterricht!
Irgendwann war selbst ich von meinem (zugegebenermaßen fachfremden) Unterrichtseinstieg gelangweilt und konnte auch bei den Kindern keine so richtig gute (vor allem zeichnerische) Entwicklung feststellen, obwohl ich die Projekte mit viel Sorgfalt und immer mit besonderem Schwerpunkt gewählt hatte. Die Stolperfallen beim (Vor-)Zeichnen waren im Einzelfall immer dieselben. Perspektive, Größenverhältnisse und vor allem die Herangehensweise überforderte meine Schülerinnen und Schüler, obwohl wir bereits im zweiten Halbjahr des dritten Schuljahres waren.
Dabei kann Zeichnen so viel Spaß machen und vor allem: So einfach sein!
5-Minuten Kunst zum Unterrichtseinstieg
Meine Lösung nannte ich „5-Minuten Kunst“ und dieser Unterrichtseinstieg wurde mit so viel Begeisterung aufgenommen und umgesetzt, dass ich von dieser Idee berichten möchte:
Zu Beginn jeder Stunde brauchten die Kinder immer ihren Zeichenblock und einen Bleistift. Da es immer nur diese zwei Dinge waren, brauchten die Kinder nicht mehr fragen und meistens haben sie schon von sich für das Austeilen der Blöcke gesorgt. Hauptsache „wir fangen bitte schnell an mit 5-Minuten Kunst!!“.
Im Internet und in verschiedenen Büchern, die sich mit dem Zeichnen für Kinder beschäftigen, habe ich einfache Zeichnungen ausgesucht, die meistens mit einem Buchstaben oder einer Zahl starten. Am Anfang stand also beispielsweise eine 2 an der Tafel, die am Ende zum Schwan wurde, oder ein Y wurde zu einem Koalabär, mit etwas Übung konnte aus der 22 ein Hai entstehen und aus dem Wort „dog“ entstand eine Hundezeichnung. Die Kinder waren jedes Mal wieder aufs Neue fasziniert und vor allem sehr konzentriert. Sie wollten keinen Strich verpassen und es wurde immer wild gerätselt, was es wohl am Ende wird.
Zur besseren Veranschaulichung habe ich die erste Ausgangszahl oder den -buchstaben immer mit bunter Kreide gemacht. Jeden weiteren Strich dann mit weißer Kreide und die Kinder zeichneten durchweg mit Bleistift. Jedes Mal, wenn wir es einmal gemeinsam gemacht hatten, wollten sie es alleine nochmal versuchen, Ihre Zeichnungen wurden liebevoll verziert und ausgemalt, ergänzt und zum Teil unterschrieben.
Meistens haben wir sogar noch einen „Museumsgang“ angeschlossen, damit die Kinder ihre 5-Minuten Kunst präsentieren und die der anderen bestaunen konnten.
Der Rundgang wurde meist mit Musik unterstützt und nach Ende des Liedes war dann klar: Die Exponate werden vorne bei mir abgegeben und der Platz wird vorbereitet für das Thema der Stunde.
Warmgemalt hatten wir uns dann ja schon!
Ergänzungen
Mit der Zeit hat sich das in diesem Kurs so etabliert, dass wir überlegen, für das kommende Schuljahr ein Skizzenbuch für die 5-Minuten Kunst anzulegen. Dort sind die „Werke“ dann noch besser aufgehoben als in der losen Blättersammlung. Und die Kinder können auch besser ihre Entwicklung sehen.
Außerdem haben einige Kinder begonnen, sich eigene 5-Minuten-Kunstwerke zu überlegen (von einer 3 zum Schneemann beispielsweise) und so haben wir dann auch mal eine komplette Kunststunde auf ausdrücklichen Wunsch hin „nur das“ gemacht. Da waren dann die Kinder abwechselnd an der Tafel und ich konnte auch einfach mal nur mit zeichnen und mich über die Kreativität meines Kunstkurses freuen. Was will man mehr …
Begrifflichkeit
Den Begriff „5-Minuten Kunst“ habe ich mir übrigens selbst überlegt. Fünf Minuten dauerte es natürlich nie. Eher länger. Aber das war der Begeisterung für die Sache geschuldet – und dann ist’s doch auch völlig okay, oder?