Der Begriff „Helikoptereltern“ kursiert schon seit Jahren in den Medien. Was ist daran eigentlich so schlimm, dass sich Eltern um ihre Kinder sorgen? Will nicht jedes Elternteil das Beste für sein Kind?
Marta ist die Ältere von zwei Geschwisterkindern und somit das erste Kind für die Eltern, das eingeschult wird. Marta, ein auf den ersten Blick stilles, fast schüchternes Mädchen, wird von ihrer Mutter morgens bis in die Klasse begleitet: Die Mutter trägt den Schulranzen in die Klasse, ermahnt das Kind, auch schön aufzupassen, erinnert nochmal daran, dass heute die Oma kommt, um es nach der Schule zum Ballettunterricht zu bringen.
Bis zu den Weihnachtsferien spricht mich die Mutter fast jeden Morgen an und erkundigt sich nach Martas Leistungen oder nach den Freundinnen, die in der Pause mit ihr spielen. Ich habe den Eindruck, die Mutter will über jeden Schritt Bescheid wissen, den Marta geht.
Martas Mutter ruft mich auch nach Schulschluss an, erzählt mir, dass Marta hin und wieder traurig aus der Schule kommt, weil sie in manchen Pausen kein Kind zum Spielen hatte. Sie bittet mich, darauf zu achten, dass Marta nicht allein in der Pause ist. Ich habe einige Mühe, Martas Mutter zu versichern, dass ihre Tochter auch in den Pausen Spielkameraden hat, es aber durchaus sein kann, dass die Wunschfreundin nicht dabei ist. Ihre Bitte, etwas zu arrangieren, lehne ich ab. Marta muss schon, wie die anderen Kinder auch, den Freiraum haben, sich selbst ihre Freunde suchen zu können. Stattdessen spreche ich mit der gesamten Klasse über das Thema „Freundschaften“ und es ergibt sich sehr schnell, dass Marta mit unterschiedlichen Kindern der Klasse spielt.
Den Eltern durch Zuwendung Vertrauen geben
Eltern, wie deren von Marta, begegne ich mit sehr viel Geduld. Ich höre ihnen zu und nehme die Sorgen ernst. Es gilt hierbei, das Selbstbewusstsein des Kindes zu stärken und die Einsicht der Mutter, ihr Kind loszulassen, ihm etwas zuzutrauen.
Martas Mutter kann mich über E-Mail immer erreichen und das gibt ihr das Gefühl, ernst genommen zu werden. Die Abstände, in denen sie mich anspricht, werden immer länger. Marta wird inzwischen von ihrem Vater gebracht. Er drückt seiner Tochter den Schulranzen in die Hand und verabschiedet sich vor dem Schulgebäude von ihr, während sie beim Klingeln der Schulglocke allein in die Klasse geht. Marta hat dadurch sichtlich an Selbstbewusstsein gewonnen.
In einer Klasse mit mehr als 20 Kindern kann ich nicht für alle Eltern so intensiv da sein, aber das ist auch gar nicht nötig. Es gibt immer nur wenige Eltern, die einen engen Austausch suchen und sich dadurch beruhigen lassen.
Meine Erfahrung hat gezeigt, dass Eltern das Vertrauen an ihre Kinder weitergeben, wenn sie es selbst erfahren haben.
Habt ihr auch „Helikoptereltern“ in euren Klassen? Ich würde mich über euer Feedback freuen, wie ihr mit ähnlichen Situationen umgegangen seid.