Wenn wir Lehrer/Lehrerinnen an Klassenfahrten denken, dann schwingen auch direkt die Gedanken an lange Abende, Heimweh und Unruhe in den Zimmern mit. Dass das aber auch anders geht, konnten meine Kollegin und ich auf einer Klassenfahrt erfahren. Jeden Abend sollten die Schülerinnen und Schüler ein sogenanntes „Reisetagebuch“ schreiben. Angekündigt war das bereits schon vorher und die Kinder wussten, dass sie Stifte, Schere und Kleber mitnehmen mussten. Natürlich waren die Kids nicht wirklich amüsiert darüber, dass sie jeden Abend etwas schreiben mussten. Verständlich, es erinnerte sie alles zu sehr an Schule.
Tagsüber toben, spielen und Spaß haben – Abends zur Ruhe kommen
Bereits am ersten Tag, direkt nach dem Beziehen der Zimmer, begannen die Kinder ihrer Lieblingstätigkeit nachzugehen: toben, spielen, kreischen, rennen und einfach nur Spaß haben. Dafür ist ja auch eine Klassenfahrt da. Nach dem Abendessen versammelten wir uns im Gemeinschaftsraum und ließen den Tag Revue passieren. Aber auf eine ganz besondere Art und Weise: Die Klassenlehrerin hatte jedem Kind ein kleines DIN A5 Heftchen gekauft und das Deckblatt bereits drauf geklebt.
Die Stadt, in der wir waren, war mit einem X markiert und beschrieben. Für die Kinder war das Deckblatt bereits sehr einladend und sie fingen gleich an, es anzumalen und zu gestalten. Jedoch war das noch nicht alles. Es wurden für jeden Tag vorgefertigte Blätter bereitgestellt, auf denen die Kinder das Datum eintragen und das Wetter, das Essen ankreuzen konnten. Dann war da noch genügend Platz über schöne Erlebnisse zu berichten. Dieser Leitfaden konnte genutzt werden, jedoch entschieden sich auch einige Kinder für eine ganz freie Gestaltung des Buches. Auch das war zulässig.
Die Klassenlehrerin hatte auch ein paar lustige Ideen für die Kinder, die nicht wussten, worüber sie schreiben konnten. So gab sie denen ein „Geruchsprotokoll“, in dem es einzig über die Gerüche (auf den Zimmern, draußen, in der Stadt …) ging. Es gab auch ein Vordruck zu „das beste / ekeligste Essen“.
Ritual auf der Klassenfahrt
Diese ca. 30 Minuten am Abend wurden für uns alle – sowohl Lehrerinnen als auch Kinder – die wichtigsten. Denn auch die Kinder genossen sichtlich die Ruhe und arbeiteten sehr konzentriert und vergnügt – sehr zu unserer großen Überraschung. Dass die Kinder die Ruhe am Abend so natürlich annahmen, sich nicht dagegen wehrten, zeigte uns: Es machte ihnen wohl einfach Spaß!
Das Reisetagebuch – eine kleine Schatzkiste
Während der Tage achteten die Kinder auch aufmerksam auf Dinge, die sie in ihr Reisetagebuch kleben konnten. Seien es ein Flyer aus der Stadt oder von der Herberge, heruntergefallene Blätter oder kleine Andenken. Überall hatten die Schülerinnen und Schüler ihre Augen weit auf und fanden immer wieder Kleinigkeiten, die sie in ihre kleine „Schatzkiste“ kleben wollten. Die Arbeit am Tagebuch entwickelte sich zu einem schönen Ritual, das den Kindern gut tat.
Ein Blick in die Bücher der Kinder verriet uns, wie sehr die Kinder es genossen. Bei manchen Kindern, die im Fach Deutsch gar nicht so unbedingt die Vorreiter waren, entstanden wunderschöne Texte, die uns bewegten. Wir lernten die Kinder also auch von einer „neuen“ Seite kennen.
Das Reisetagebuch ist für mich zu einem „Must“ auf Klassenfahrten geworden.