Ich bin Mia und ich möchte euch als neue Autorin hier im Blog einen Einblick in meine Sprachfördergruppe geben. Der „DaZ-Unterricht“ ist ja derzeit in aller Munde, aber was genau eigentlich in so einer Sprachfördergruppe passiert, das wird meiner Meinung nach viel zu wenig nach außen getragen. Ich unterrichte wahnsinnig gerne als DaZ-Lehrerin und möchte von meiner Begeisterung dafür hier berichten. Es wird sowohl methodische, als auch organisatorische Einblicke geben.
Heute starten wir mit einem allgemeinen Blick auf die Begriffe DaZ/DaF … Um in dem ganzen Abkürzungsdschungel ein bisschen Klarheit zu schaffen, möchte ich mal einen kurzen Einblick geben, welche Abkürzungen eigentlich für was stehen und kurz anreißen, was damit gemeint ist.
DaF – meint „Deutsch als Fremdsprache“: Darunter werden auch Deutschkurse verstanden, die im Ausland angeboten werden. In diesem Fall lernen die Menschen Deutsch als Fremdsprache aus den verschiedensten Gründen (Hobby, Interesse, geplanter touristischer Aufenthalt…), aber nicht in erster Linie, weil sie hier leben möchten und im Alltag klarkommen sollen.“
Bei der Abkürzung DaZ gibt es inzwischen schon eine Änderung. Früher meinte es „Deutsch als Zweitsprache“. Da das aber schon nicht mehr nah an der Realität ist und wir viele Lerner in der Schule haben, die je nachdem was sie schon erlebt und in welchen Ländern sie sich schon aufgehalten und die Schule besucht haben, mehr als ihre Muttersprache sprechen und für diese Menschen, wäre Deutsch also keineswegs die Zweit-Sprache, sondern die Dritt- oder gar Viertsprache. Deshalb meint DaZ dann besser „Deutsch als Zielsprache“. Somit ändert sich nicht nur die Abkürzung nicht nochmal, sondern es ist auch direkt das Ziel des Unterrichts formuliert: Das Ziel ist die Deutsche Sprache zu lernen! Also auf geht’s!
Der Erstspracherwerb verläuft bei jedem Menschen zum Glück ohne, dass er aktiv etwas dafür tun muss – anders als beim Lernen einer neuen Sprache, die dann später dazukommt. Schon im Mutterleib machen die Kinder erste Hörerfahrungen und können durch die Interaktionen im Umfeld die eigene Muttersprache von anderen unterscheiden, das haben Studien bewiesen.
Der Begriff „Muttersprache“ ist deshalb nicht mehr so unkompliziert zu verwenden, da es ja das Pendant „Vatersprache“ nicht geht, man kommt also bei zweisprachiger Erziehung direkt ein bisschen in Schwierigkeiten mit der Begrifflichkeit.
Kurdisch, Arabisch, … – die Ausgangssprachen
Ich unterrichte gerne in der DaZ-Fördergruppe und nenne meine Kinder liebevoll DaZis. Meine Schülerinnen und Schüler kommen mit ganz unterschiedlichen Erstsprachen, die sie von Vater oder Mutter gelernt haben zu mir in die Sprachfördergruppe. Auch wenn sie zum Teil aus demselben Land stammen (zum Beispiel Syrien) haben sie doch unterschiedliche sprachliche Hintergründe (Kurdisch, Arabisch) und so finde ich bis zu zehn verschiedene Sprachhintergründe in meinem Unterricht. Das bedeutet: Vor mir sitzen zehn Kinder, die einen anderen „Ausgangspunkt“ haben, was ihr Konzept von Sprache betrifft. Während wir im „normalen“ Fremdsprachunterricht wie Englisch, Französisch oder Spanisch zum Beispiel davon ausgehen können, dass die Lernenden alle dieselbe Ausgangssprache haben: nämlich Deutsch.
Die verschiedenen Ausgangssprachen haben Konsequenzen: Wenn ich zum Beispiel die Artikel im Deutschen erkläre und näher bringen möchte, unterrichte ich zum einen Kinder, die das Konzept von Artikeln vor einem Namenwort schon kennen, anderen aber ist das völlig neu. Im Türkischen, Rumänischen etc. gibt es nämlich zum Beispiel keine Artikel. Für so etwas ist es sinnvoll und vor allem wahnsinnig interessant, sich die „Steckbriefe“ der einzelnen Sprachen mal anzusehen, bevor man etwas Grammatikalisches einführt. Es kann helfen, die „Fehler“ der Kinder zu verstehen und es kann auch helfen um den Kindern unsere Sprache zu erklären! Denn die Sprachendidaktik besagt, dass es auch bei den Lernen einer Fremdsprache verschiedene Phasen durchlaufen werden. Die Lerner bilden über das Neugelernte eine Hypothese, wie die Sprache (also Deutsch) wohl funktioniert und gehen dabei von der Sprache aus, die ihnen am vertrautesten ist: ihrer Erstsprache. Wenn man das beim Unterrichten immer im Hinterkopf hat oder haben soll, wird schnell klar, warum man sich mit den Biografien und den Erstsprachen der Kinder auseinandersetzen sollte.
Übrigens lerne ich als Lehrerin dabei auch wahnsinnig viel über andere Sprachen! Ich habe sowieso manchmal das Gefühl, dass meine „DaZis“ mir manchmal mehr beibringen, als ich ihnen – alleine schon, weil sie mir über zehn Sprachen berichten. Und ich ja nur über eine.
Internettipp für die Steckbriefe der verschiedenen Sprachen!
www.schule-mehrsprachig.at
Ich freue mich auf Kommentare und Anregungen. Auch wenn ihr Fragen habt, dürft ihr das gerne in den Kommentaren unterbringen.