„Komm lass uns wirklich anders sein, indem wir uns guttun, während die Welt damit beschäftigt ist, sich zu verletzen“, las ich neulich bei Facebook.
Doch was bedeutet eigentlich guttun? Und ist das ein Thema für unsere Grundschüler? Definitiv ja! Immer wieder fällt mir auf, dass sich Schüler und Erwachsene viel zu schnell in dem Spiel „Finde alle Fehler!“ verstricken. Und genau deshalb finde ich es so wichtig, mit den Kindern zu üben, wie man konstruktiv Kritik übt und sich und seine Leistungen wertschätzt. Ein Unterrichtsthema, welches in meinem Kollegium immer wieder zu regem Austausch führt, ist der Aufsatz. Hier hat sich besonders der Umgang mit Überarbeitung und Reflexion verändert. Deshalb ist das Texte schreiben und überarbeiten ein gutes Übungsfeld für konstruktive Kritik: Findet heraus, was genau in der präsentierten Arbeit gelungen ist!
Konstruktive Kritik im Deutsch-Unterricht üben
Wenn selbstgeschriebene Texte vorgetragen werden, sind meine Schülerinnen und Schüler (4. Klasse) sichtbar aufgeregt. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass sie im Anschluss zunächst für Gelungenes gelobt werden. Die Klasse bekommt von mir hierfür Kriterienkärtchen mit einer überschaubaren Anzahl an Beobachtungsaufgaben. Der vortragende Schüler darf sich diejenigen aussuchen (Meldungen), die sich zu seiner Präsentation äußern. Mark Twain hat einmal gesagt: „Ich liebe Kritik, aber ich muss damit einverstanden sein.“ Und das Einverständnis zielt bei vielen Menschen nicht immer nur auf das „was“ und „ob überhaupt“ – sondern oft auch auf das „wer“. An diesem Punkt muss ich als Lehrerin ganz besonders achtsam und wachsam sein. Wurden alle positiven Aspekte genannt und beschrieben? Haben wir alle Äußerungen nur EINMAL! gehört? „Wir hören einander zu!“ – ist nicht immer ganz so einfach, wenn ICH unbedingt auch etwas beisteuern WILL. Aber genau darum geht es! Ich bin ein wichtiger Teil dieser Klasse – so wie alle anderen auch! Aber dann …
„Wir müssen immer zwei Arten von Kritik unterscheiden: die wohlwollende, aufbauende, taktvolle und die schroffe, ätzende, gehässige.“ (Norman Vincent Peale)
Der nächste Schritt ist für viele Kinder mit ein bisschen Übung verbunden. Aber das Ergebnis belohnt die Mühe. „Formuliere alle weiteren nicht ganz so gelungenen oder vergessenen Aspekte als Tipps! Finde einen Weg zu verdeutlichen, WAS beim nächsten Mal WIE besser gemacht werden kann!“ Auch hier ist es natürlich wie schon beim ersten Teil wichtig, dass die Lehrerin/der Lehrer achtsam, wachsam und unterstützend den Prozess begleitet und steuert, denn ob das jeweilige Kind die angebotenen Tipps und Wege annimmt, hängt auch von seiner emotionalen Grundhaltung ab, welche wiederum abhängig von der Grundstimmung ist, für die wir letztendlich federführend verantwortlich sind.
Es ist oft nur die Art der Formulierung, die den Unterschied ausmacht, ob ich meinem Gegenüber guttue oder ihn verletze. Doch vor der Formulierung steht die Einstellung (was will ich erreichen) und nach ihr die Erfahrung (wie geht es mir, wenn ich an seiner Stelle bin). Und um all das herum können wir stehen und versuchen die Welt jeden Tag an den Wurzeln ein bisschen besser zu machen.
So! Hat es eigentlich schon geklingelt?
Eure Kirsten