Mittlerweilen reflektiere ich schon seit fast einem Jahr immer freitags in der letzten Unterrichtsstunde mit den Schülerinnen und Schülern meiner Förderschulklasse ihr Verhalten der vergangenen Woche.
Damit das wöchentliche Reflektieren nicht zu langweilig wird und weil Schülerinnen und Schüler erfahrungsgemäß irgendwann sowieso Abwechslung einfordern, habe ich verschiedene Methoden zur Selbstreflexion ausprobiert. Die folgenden haben sich bewährt:
Abwechslungsreiche Formen der Selbstreflexion
Daumenreflexion
Mit der Daumenreflexion kann man besonders schnell und unkompliziert Verhalten reflektieren, da sie überall und unabhängig von der Sitzordnung durchführbar ist. Hier formuliert der Lehrer einen Satz und die Schüler antworten, indem sie „Daumen hoch“, „Daumen runter“ oder „Daumen zur Mitte“ zeigen.
Je nach Fragestellung oder Schülergruppe kann es hilfreich sein, dass die Kinder an einem Tisch sitzen, den Kopf auf den freien Arm legen und die Augen schließen, sodass kein anderes Kind den gezeigten Daumen sehen kann. Dadurch erzielt man erfahrungsgemäß besonders ehrliche Antworten.
Diese Methode zur Selbstreflexion eignet sich auch gut im regulären Unterricht, wenn man als Lehrer z.B. eine schnelle Rückmeldung haben möchte, ob ein Unterrichtsinhalt verstanden wurde etc.
Blitzlicht (mit oder ohne Erzählstein)
Bei der Blitzlicht-Runde kommt jeder einmal zu Wort. Um die Reihenfolge festzulegen und das Zuhören zu erleichtern, kann man einen Erzählstein (oder einen anderen Gegenstand) herumgeben und vereinbaren, dass nur derjenige sprechen darf, der den Gegenstand in den Händen hält. Der Erzählstein kann anschließend nach einer festgelegten Regel weitergegeben werden (z.B. an jemanden, der sich meldet oder an den rechten Nachbarn, …).
Die Blitzlicht-Runde kann man stark gelenkt durchführen, beispielweise mit einer festen Fragestellung oder einem Satz, der vollendet werden muss. Je nach Schülergruppe kann man diese aber auch thematisch öffnen, indem Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, ohne Vorgaben das loszuwerden, was ihnen wichtig ist.
Reflexion im Kreis – einmal anders
Alle Schülerinnen und Schüler stehen in einem Kreis. Der Lehrer bzw. die Lehrerin geht in die Mitte und formuliert einen Satz wie zum Beispiel: „In dieser Woche habe ich mich an die Melderegel gehalten“. Alle, die dies mit „Ja“ beantworten können nähern sich der Lehrkraft. Wer dazu „Nein“ sagen möchte, bleibt am Rande des Kreises stehen. Je nach Schülergruppe kann es auch Abstufungen geben, indem sich die Schüler z.B. nur ein wenig der Mitte nähern (= kein klares „Nein“, sondern eine Tendenz in Richtung „Ja“)
Bildliche Reflexion
Bei dieser Methode haben die Schülerinnen und Schüler etwa 10 Minuten Zeit, um eine DIN-A4 Seite nach einer bestimmten Vorgabe zu gestalten. Die Vorgabe kann eine Zeichnung sein oder auch andere Optionen, wie z.B. Einreißen/Zerreißen, Knicken, Rollen, etc. des Papiers, zulassen. Generell hat man als Lehrer die Möglichkeit, ein Thema vorzugeben oder eine offenere Fragestellung wie z.B. „Wie war deine Woche?“ zu formulieren.
Anschließend kommen alle im Kreis zusammen und stellen ihr Papier/ihre Zeichnung etc. vor.
Rückblick und Ausblick
Das Reflektieren des eigenen Verhaltens beansprucht in meiner Klasse einen festen Platz im Stundenplan und wird auch in Zukunft fortgesetzt werden. Generell habe ich zunehmend versucht die Schülerinnen und Schüler in den Prozess einzubeziehen, indem sie Themenvorgaben machen und Reflexionsfragen selbstständig formulieren. Tipp: Bei Aussagesätzen, z.B. bei der Selbstreflexion im Kreis, sollte darauf geachtet werden, dass die Kinder Sätze ohne Verneinung formulieren. Dies führt bei der „Beantwortung“ sonst möglicherweise zur doppelten Verneinung und damit gegebenenfalls zu Verwirrungen.
Gute Erfahrung habe ich außerdem damit gemacht, dass sich die Kinder Ziele für die nächste Schulwoche setzen. Auf ein buntes Kärtchen geschrieben und auf den Tisch geklebt gelingt es diesen erstaunlich gut, an selbst gesteckten Zielen zu arbeiten. Und für die kommende Woche hat man somit auch direkt wieder eine Reflexionsgrundlage: „Konntest du dein Ziel erreichen?“
Insgesamt haben sich sowohl der Zeitpunkt als auch die eingesetzten Methoden bewährt, um das gesteckte Ziel – nämlich das Arbeits- und Sozialverhalten zu reflektieren, einzuschätzen und letztlich zu verbessern – zu erreichen.