Torben scheint nie müde zu werden. Ob in stillen Arbeitszeiten oder auf Schulfesten: Torben mischt lautstark mit und ist nicht zu überhören. Auf den ersten Blick wirkt er wie um ein durchschnittliches Kind. Wer genau hinsieht, stellt aber schnell fest, dass Torben erheblichen Förderbedarf hat, der in der ersten Klasse festgestellt wurde.
Routine und doch immer wieder neu
Inzwischen ist Torben in der vierten Klasse. Der Schulalltag mit Torben hat sich eingespielt, sollte man meinen. Es ist aber ein Trugschluss, wenn man glaubt, dass er vollständig planbar und voraussehbar ist. Die Planung kann noch so gut sein, ist nur ein kleines Rädchen in dem Gefüge aus dem Takt, dann dreht sich alles nur darum, den Tag so zu überstehen, dass kein Kind zu kurz kommt.
Torben hat einen festgestellten Förderbedarf im Bereich sozial-emotionale- und Lernentwicklung. Sein Selbstbewusstsein ist wie das jedes normalen 10-Jährigen gut ausgeprägt. Seine Schwächen versucht Torben durch Kaspereien zu kompensieren, ob bewusst oder unbewusst, ist oft nicht klar.
Da wir in der Regelschule nur begrenzte Förderstunden für Inklusionskinder haben, nimmt Torben die meiste Zeit am gemeinsamen Unterricht teil. Sehr selten beteiligt er sich an den Inhalten, holt stattdessen von vornherein sein eigenes Arbeitsheft raus und löst Aufgaben, die er bewältigen kann. Torben braucht sehr viel Ansprache und Bestätigung, nur dann macht er im Unterricht mit. Wenn ihm Aufgaben zu schwer sind und er an seine Grenzen stößt, kommentiert es dies lautstark und spielt sich schnell zum Klassenclown auf. Deshalb ist es immer von Vorteil, die Stunden so differenziert vorzubereiten, dass Torben dazu beitragen kann, Fortschritte macht und diese auch annehmen kann.
Wenn Torben nicht in seinem eigenen Förderheft arbeitet, bekommt er Arbeitsblätter, die dasselbe Thema wie das seiner Mitschülerinnen und Mitschüler haben, jedoch in ihren Anforderungen reduziert sind. Das ist der überwiegende Ablauf des Unterrichts. Torben arbeitet mit allen Kindern mit, nur auf reduziertem Niveau.
Auch ohne Ausbildung zur Förderlehrerin, bekomme ich immer mehr den Blick für seinen speziellen Förderbedarf. Zum Glück ist unsere Grundschule mit zwei Förderlehrern ausgestattet, sodass wir anderen immer wieder die Möglichkeit haben, nachzufragen und Hilfe zu bekommen. Trotzdem bleibt oft die Frage im Raum stehen: Werde ich jedem Kind gerecht?
Im Alter von 10 Jahren fangen viele Kinder an zu pubertieren. So auch Torben. Die Unterschiede zwischen ihm und den Mitschülern werden immer größer und ihm auch immer mehr bewusst.
Akzeptanz durch die Mitschüler
Trotzdem gehört Torben dazu. Er ist akzeptiert. Er wird in den Pausen ins Spiel mit einbezogen und zu den Geburtstagen eingeladen. Die Mitschüler haben bei Torben mehr Geduld als untereinander. Ihr Gespür für die Hilfe, die Torben benötigt, ist gut ausgeprägt.
Es ist eine täglich neue Herausforderung, aber es ist auch eine tägliche positive Erfahrung, zu erleben, wie Torbens Entwicklung voranschreitet und die Akzeptanz durch die Mitschüler zu beobachten.