Ein Fußballbild als Mal- und Schreibanlass

Schon länger habe ich eine Schwäche für die Bilder von Sonja Mengkowski und liebe ihre Art zu malen einfach sehr. Als ich dann dieses Fußballbild entdeckte, wusste ich sofort, dass ich damit etwas veranstalten wollte und in mir machte sich die Idee breit, mit den Kindern so ein Bild nachzumalen. 

Eine Kunstpädagogin erzählte mir mal, dass sie mit den Kindern nie etwas „nachmalt“, sondern die Kinder „fälschen“ lässt. Das motiviert sie dann dazu, noch näher an das Original heranzukommen. Diesen Ansatz wollte ich übernehmen und habe meinen Kindern – einem 2. Schuljahr – das Bild von Sonja Mengkowski gezeigt und es als eines meiner aktuellen Lieblingsbilder angekündigt (und damit nicht gelogen). 

Das Kunstwerk von Sonja Mengowski diente als Vorlage für das nachgemalte Bild. (Foto: Mia)

Die erste Bildbetrachtung

Die Kinder haben es erst mal ein paar Minuten auf sich wirken lassen und dann sollten sie zunächst nur sagen, was sie sehen. In einem zweiten Schritt durften sie dann auch interpretieren, also sagen, was sie denken. Da kamen dann wilde Spielspekulationen zu Tage, demnach das Bild auf jeden Fall ein Deutschlandspiel in der Nachspielzeit zeigte und das vollbesetzte Stadion drum herum bebte.

Hach, das hat Spaß gemacht und direkt die Fantasie der Kinder beflügelt. Meine Begeisterung für dieses Bild ist komplett auf die Kinder übergeschwappt. Als ich ihnen dann gesagt habe, dass wir dieses Werk nun fälschen wollen, haben wir drei Kriterien festgelegt. Meine Ausgangsfrage war: „Was muss dein Bild haben, damit es diesem hier sehr ähnlich sehen wird?“ Die Kinder einigten sich nach einer längeren Meldekette auf die diese drei Kriterien:

  1. Der Spieler/die Spielerin muss die Arme nach oben haben und den Ball berühren.
  2. Der Spieler/die Spielerin muss ein Deutschlandtrikot tragen.
  3. Der Hintergrund muss grün sein – kann nach oben hin auch etwas blau/türkis werden.

Für ein 2. Schuljahr und die erste Bildbetrachtung und Kriterienrunde war ich sehr, sehr stolz auf meine Schülerinnen und Schüler! Wie ihr an den Kriterien sehen könnt, wurde zwischen Jungs und Mädchen auch noch eine kurze Debatte darüber geführt, ob auch Mädchen Fußball spielen können und ob es auch eine Spielerin werden darf. Das Ergebnis ist ebenfalls in den festgelegten Kriterien klar zu sehen: Es darf!
Dass das für die „Fälschung“ nachher dazu führen würde, dass es dem Original nicht mehr so ähnlich sieht (da es dort ein Junge ist), war mir in dem Moment egal. Es hat mir nämlich gezeigt, dass die Kinder a) zu hundert Prozent bei der Sache sind und sie sich b) schon damit identifizieren.

Vom Original zur „Fälschung“

Los ging es! Ich habe meinen kleinen Künstlern freie Bahn gelassen, ob sie Filz oder Buntstifte oder Wachsmaler benutzen wollten – einzig für den Hintergrund hatten wir uns darauf geeinigt, dass sich Wachsmaler wegen der großen Fläche sehr anbieten würden.
Einige Kinder hatten etwas Probleme mit den Größenverhältnissen und damit, den Spieler bzw. die Spielerin so auf das Blatt zu bekommen, dass das ganze Blatt gefüllt ist. Da habe ich dann mit den Proportionen etwas geholfen. Einige kamen auf die Idee für den Ball ihren Trinkbecher zur Hilfe zu nehmen und den Rand zu umranden. Das habe ich auch zugelassen, habe nur noch mal eingegriffen, als einige auf die Idee kamen einen zweiten solchen Kreis für den Kopf zu machen. Köpfe sind nunmal nicht ballrund. 

Die kleinen „Kunstfälscher“ waren voll bei der Sache und haben eifrig gemalt. (Foto: Mia)

Die „Kunstfälscher“ waren voll bei der Sache, diskutierten das Trikot und wie viele Sterne man da nun drauf malen soll (da spielte Deutschland noch in der WM mit…) und viele der Kids, vor allem der Mädchen, haben sich selbst gemalt mit wehenden Haaren. Einige Jungs malten dem Spieler noch Torwarthandschuhe, andere bestanden drauf, dass man ihren Spieler bis zu den Füßen sehen kann, da dieser „voll gute Schuhe mit guten Stollen“ trage…

Die fertigen Bilder habe ich zusammen mit dem „Original“ an die Tafel gehängt und so wuchs nach und nach eine tolle Galerie.

Einige Tage später habe ich die Kinder dann mit etwas Abstand noch mal die Kriterien wiederholen lassen und wir haben uns die Bilder noch mal angesehen. Die Kinder kamen mit Zeigestab nach vorne und durften ihr Lieblingsexponat begründet zeigen. Ich hatte zunächst Sorge, dass die Kinder ihr eigenes Bild oder das ihres besten Freundes zeigen würden, aber das war gar nicht so. Sie ließen sich drauf ein, ihr Lieblingsexponat anhand der Kriterien zu beurteilen und haben sogar noch neue Feinheiten entdeckt in den einzelnen Bildern. Das war wirklich klasse!

Ein Ausschnitt der Galerie. (Foto: Mia)

Das Fußballbild als Schreibanlass nutzen

Auf der Homepage von Sonja Mengkowski gab es zu diesem Bild auch noch Arbeitsblätter zum Download. Dort konnten die Kinder jeweils zwischen verschiedenen Reizwortgeschichten wählen.
Dadurch, dass meine Schülerinnen und Schüler zu Beginn ganz viele Ideen zu diesem Bild geäußert haben (in der Interpretationsrunde), fiel ihnen das Schreiben überhaupt nicht mehr schwer. Spätestens nachdem sie mit ihrem eigenen Bild fertig waren, wollten sie dazu eine Geschichte erzählen. Manche haben sogar mehrere Geschichten geschrieben. Diese Geschichten haben die Kinder später noch mal vor der Klasse vorgelesen und ich habe sie zu einem Fußballheft gebunden. Vorne drauf: Unsere Fußballbildergalerie. Das Original war kaum wiederzuerkennen zwischen all unseren tollen „Fälschungen“.

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