Wie jeder Lehrer liebe ich die Wochenenden! Samstags geht unsere kleine Familie in aller Ruhe einkaufen, die Großeltern werden besucht oder wir genießen die Zeit im Garten. Der Sonntag gehört dann nur uns: Wir freuen uns auf Ausflüge oder entspanntes Gammeln zuhause. Das ist unser Ritual.
Rituale schaffen Struktur
Auch im Schulalltag geben Rituale Halt und Sicherheit. Eine gemeinschaftliche Begrüßung lässt alle Schülerinnen und Schüler zusammen starten, stärkt das Wir-Gefühl. Bewährt haben sich Lieder, Verse zum Mitmachen oder kleine Bewegungsspiele. Geschieht dies auch noch im Kreis, kommen sich die Kinder auch tatsächlich näher. Eine großartige Erklärung ist nicht notwendig, denn in Kitas gehört so ein Morgenkreis ebenfalls zum festen Programm.
Idealerweise gebe ich daraufhin einen Ausblick auf den Tag: Was wollen wir schaffen? Was haben wir vor? Welche Aktivitäten sind geplant? Das macht neugierig, löst die Erwartungshaltung und gibt eine grobe zeitliche Orientierung.
Auch Pausen, Lieder und Signale gehören dazu
Wer sich wundert, warum die Kinder im Laufe des Vormittags dennoch unruhig werden, dem geht es wie mir anfangs – bis ich konsequent mehr Bewegungspausen in meinen Unterricht einbaute, regelmäßig die Arbeitsformen wechseln ließ und Lieder zur Auflockerung einbaute. Da kommt wieder Sauerstoff in die grauen Zellen!
Ich habe auch gelernt: Akustische und optische Signale erleichtern die Wahrnehmung, und ich schone meine Stimme. Interessanterweise fällt es den Kindern nämlich viel mehr auf, wenn ich vor der Tafel stehe, meinen rechten Arm hebe und meinen linken Zeigefinger auf den Mund lege und um Ruhe bitte. Nonverbal und unmissverständlich. Ebenso wirken Symbolkarten, wie zum Beispiel die Schubi-Angebote „Verhaltensregeln“ und „Miteinander lernen“. Auch bestimmte Songs für wiederkehrende Phasen wie das Aufräumen oder die Lesezeit haben sich in meinem Unterricht bewährt. So weiß jeder, wie lang diese Phase noch dauert.
Regeln einführen und umsetzen
Regeln und Rituale machen aber nur dann Sinn, wenn sie logisch erscheinen und sich aus der Situation ergeben. Besonders mit älteren Grundschülern ist es daher empfehlenswert, gemeinsam einen Verhaltenskodex zu erarbeiten. Dabei gilt, wie bei den Schulanfängern auch:
- Sinnvolle Regeln klar visualisieren!
- Schülerdienste schaffen Verantwortung und Verantwortung bringt Selbstbewusstsein!
- Konsequente Einhaltung durch Lob fördern!
- Eltern mit ins Boot holen!
- Weniger ist mehr!
Lehr- und Lernforscher Gert Lohmann der Uni Oldenburg etwa rät im selben Atemzug aber auch, dass gerade am Anfang Durchhalten angesagt ist. Richtiges Verhalten muss unbedingt positiv verstärkt werden, andernfalls sollte man sich vorher(!) auf mögliche Sanktionen einigen. Für mich haben sich maximal drei Ermahnungen bewährt, so haben auch Grundschüler eine gute Möglichkeit zur Selbstreflexion. Geschieht dies alles mit Konsequenz und für die Schülerinnen und Schüler nachvollziehbar, werden Regeln schneller angenommen und verinnerlicht.
Ein weiterer Weg, Routine und Selbstverständlichkeit in den Unterricht zu bringen, sind Dienste innerhalb der Klasse. Schüler übernehmen so Verantwortung, fühlen sich als wichtiger Teil der Gemeinschaft. Mit bunten Symbolkarten – selber gemacht, online bezogen oder bereits vorgedruckt – wird deutlich, wer wann was machen muss. Auch hier bilden feste Vorgaben einen Rahmen, in welchem sich Kinder orientieren können: zuverlässig und sicher, Woche für Woche.
Woher ich das weiß? – Wegen diesem Ritual: Wenn meine kleine Tochter und ich an einem Samstagmorgen noch im Bett kuscheln, kann ich mir sicher sein, dass Papi schon die frischen Brötchen besorgt …