Ich bin aus verschiedenen Gründen immer wieder begeistert von jahrgangsstufenübergreifendem Arbeiten (siehe meine älteren Beiträge hierzu). Da ich es auch sehr schön finde, die Entwicklung meiner „Ehemaligen“ weiterzuverfolgen, habe ich mit dem neuen Lehrer meiner alten Klasse beschlossen die Methode „Lesetandems“ einmal auszuprobieren. Dabei haben die ViertklässlerInnen mit den jüngeren Kindern aus der zweiten Klasse das laute Vorlesen geübt. Wie die Methode genau funktioniert, erfahrt ihr hier.
Warum werden Lesetandems im Unterricht eingesetzt?
Bei den Lesetandems handelt es sich um ein Lautleseverfahren in Zweierteams, dessen Wirksamkeit inzwischen gut erforscht ist. Es ist vor allem für Kinder geeignet, die Probleme beim flüssigen Lesen haben. Denn Wörter mühsam Buchstabe für Buchstabe erlesen zu müssen, ist sehr anstrengend. Die geringe Lesegeschwindigkeit führt dann auch dazu, dass die Kinder am Ende gar nicht mehr wissen, was sie am Satzanfang gelesen haben. Das ist natürlich frustrierend und die betroffenen Kinder haben wenig Lust auf Lesen.
Flüssig zu lesen bedeutet hingegen, dass die Kinder häufig vorkommende Buchstabenkombinationen und Wörter auf Anhieb richtig erkennen. Durch den größeren Sichtwortschatz haben sie also mehr kognitive Ressourcen für die Sinnkonstruktion frei und es fällt ihnen leichter, den Satz- bzw. Textzusammenhang herzustellen. Bei den Lesetandems wird durch das Lesevorbild des älteren Kindes außerdem geübt mit einer angemessenen Geschwindigkeit und passenden Betonungen vorzulesen.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Wenn den Kindern das Lesen auf der technischen Ebene leichter fällt und sie auch längere Texte sinnverstehend lesen können, wächst in der Regel auch die Lesemotivation.
Für meine ZweitklässlerInnen, die in ihrem Leselernprozess noch am Anfang standen, waren die Lesetandems also die perfekte Methode, um das Lesen ganzheitlich zu fördern.
Wie laufen die Lesetandems ab?
Bei den Lesetandems schlüpft ein lesestärkeres Kind in die Rolle des Trainers, der einem Sportler beim Leselernprozess begleitet und unterstützt (zur besseren Lesbarkeit wird im Folgenden von Trainer und Sportler gesprochen, wobei natürlich Kinder jeglichen Geschlechts die Rollen übernehmen können). Die Kärtchen zum Umhängen helfen den Kindern dabei, sich in ihre jeweilige Rolle einzufinden.
Im ersten Schritt liest der Trainer gemeinsam mit dem Sportler halblaut, während er den Finger im Text mitführt. Dabei passt sich der Trainer der Lesegeschwindigkeit des Sportlers an. Wenn der Sportler sich sicher fühlt und ihm ein Zeichen gibt (z.B. indem er auf das Kärtchen „Ich kann jetzt alleine lesen“ tippt), fährt er seine Hilfestellung zurück und der Sportler liest allein. Der Trainer führt zwar weiterhin den Finger im Text mit, liest jetzt jedoch nur noch im Stillen. Er macht den Sportler auf Lesefehler aufmerksam, gibt ihm Zeit diese zu korrigieren oder liest mit ihm den betreffenden Satz noch einmal gemeinsam.
Neben der Unterstützung beim Lesen hat der Trainer noch eine weitere wichtige Aufgabe: Er ermutigt den Sportler weiter zu üben und lobt dessen Fortschritte – genau wie ein Trainer es beim Sport auch tun würde.
Ausblick
Als unsere beiden Klassen das erste Mal gemeinsam gelesen haben, sind uns ein paar Aspekte aufgefallen, die wir in den Folgestunden auf jeden Fall ändern wollten. Diese und noch ein paar weitere praktische Tipps könnt ihr im nächsten Beitrag nachlesen.