Zweifellos ist das Üben und Einschleifen von mathematischen Rechenfertigkeiten, wie beispielsweise die schriftlichen Rechenverfahren, sehr wichtig. Dennoch sind die so genannten „Päckchen-Aufgaben“, bei der der immer gleiche Aufgabentyp tage- oder wochenlang geübt wird, in der Mathematikdidaktik nicht gern gesehen. Anstatt immer wieder Aufgaben des gleichen Aufgabentyps zu üben, sollen die Übungsaufgaben vielfältiger Art sein. Wozu das Rechnen von Päckchenaufgaben führt, zeigen die so genannten „Kapitänsaufgaben“.
Was sind Kapitänsaufgaben?
Kapitänsaufgaben sehen auf dem ersten Blick aus wie normale Textaufgaben. Dabei sind die Aufgaben so gestellt, dass entweder gar nicht gerechnet werden muss, weil die Antwort schon in der Aufgabe enthalten ist (Beispiel 1) oder die Aufgabe unlösbar ist (Beispiel 2).
Beispiel 1: Der 27-jährige Kapitän hat 18 Schafe und 15 Ziegen. Wie alt ist der Kapitän?
Beispiel 2: Ein Kapitän hat 23 Schafe und 18 Ziegen. Wie alt ist der Kapitän?
Eine überaus bekannte Studie von Hendrik Radatz hat sich schon vor vielen Jahren mit dem Thema „Kapitänsaufgaben“ beschäftigt. Die Ergebnisse waren nicht nur interessant, sondern vor allem auch überraschend und erschütternd. Normalerweise könnte man ja vermuten, dass die Schülerinnen und Schüler, umso älter sie sind, umso besser mit den Aufgaben klarkommen. Oder mit anderen Worten gesagt: Desto länger die Kinder in der Schule sind, desto besser sollten die mathematischen Fähigkeiten und Kenntnisse sein. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Das wirft sicherlich zurecht einige Fragen auf.
Wie sinnvoll sind diese Aufgabentypen?
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In meiner Klasse habe ich selbst ein kleines Experiment durchgeführt. Ohne eine Erklärung habe ich meiner Klasse die beiden obigen Aufgaben vorgelegt. Die Ergebnisse waren auch hier überraschend und schockierend zugleich:
76% haben versucht die 1. Aufgabe und
70% haben probiert die 2. Aufgabe zu berechnen!
Dies zeigt, dass die Kinder gewohnt sind, die Zahlen in irgendeiner Art und Weise mathematisch miteinander zu kombinieren. Wurde beispielsweise über einen längeren Zeitraum die Addition geübt, werden die Zahlen einfach addiert, wurde zuvor die Subtraktion geübt, wird subtrahiert. Es werden einfach irgendwelche Rechenoperationen durchgeführt. Egal, ob es Sinn macht, oder nicht.
Es gab einige Kinder, die entweder nicht gerechnet und/oder das richtige Alter genannt haben.
Deshalb ist es meines Erachtens sinnvoll, die Lernenden hin und wieder mit Aufgaben zu konfrontieren, die entweder unlösbar sind oder bei denen überhaupt nicht gerechnet werden muss.
Was haltet ihr davon?