Klassendienste – zwischen Pflicht und Freiwilligkeit

Wie einfach ist es noch in der ersten Klasse: Klassendienste zu verteilen, ist kein Problem. Am begehrtesten ist das Tafel wischen, gefolgt vom Arbeitsblätter austeilen. Kinder, die den Tafeldienst bekommen, haben eine große Aufgabe, schließlich ist die Tafel DAS Wahrzeichen eines Klassenraumes. Könnte man meinen. Das Austeilen der Arbeitsblätter beinhaltet auch das Austeilen von Arbeitsheften oder Sammelmappen, wenn sie zuvor eingesammelt wurden. Das setzt voraus, dass die Kinder die Namen ihrer Mitschülerinnen und -schüler lesen können. Der Aufräumdienst ist nicht immer so beliebt. Welches Kind räumt schon gerne auf? Der Mülldienst, d. h. das Papier zur Papiertonne bringen und den Plastikabfall in die dafür vorgesehenen Behälter, können bestenfalls Kinder übernehmen, die groß genug sind und an die Tonnen heranreichen, um sie zu öffnen.

Einmal groß sein

Jedes Kind möchte gerne groß sein oder lesen können, so dass es schon eine Art Privileg zu sein scheint, wenn diese Dienste verrichtet werden können. Dieser Enthusiasmus lässt leider oft in den weiteren Klassenstufen nach.
Ordnung ist das halbe Schulleben! Dabei können verbindlich eingeführte Klassendienste helfen. (Foto: Pixabay)

Freiwillig Verantwortung übernehmen

In meiner Klasse handhabe ich es in den ersten beiden Jahren so, dass jeden Montag die Dienste neu verteilt werden, ohne die Namen der Kinder aufzuschreiben. Ich zähle auf Freiwilligkeit, nehme dabei in Kauf, dass manche Kinder zunächst keine Dienste übernehmen, andere dafür mehrmals hintereinander unterschiedliche Klassendienste. Die Kinder achten  auch selbst darauf, dass ein Dienst nicht in Folge zweimal hintereinander von demselben Kind erfüllt wird.

Dienste als Pflichterfüllung

Erst ab der dritten Klasse schreibe ich auf,  welches Kind einen jeweiligen Dienst erledigt. Inzwischen kann jedes Kind alle Namen der Mitschülerinnen und -schüler lesen und reicht auch an die Mülltonnen heran. Mit Beginn der dritten Klasse kommt bei uns der Fegedienst hinzu. Und der braucht viel Koordination. Da ich als Klassenlehrerin, aber auch Fachlehrerin, in anderen Klassen unterrichte, bin ich nicht immer in der letzten Schulstunde in meinem Klassenraum und kann es nicht überprüfen, ob der Fegedienst tatsächlich sauber arbeitet. Verständlicherweise wollen alle Schülerinnen und Schüler nach Schulschluss schnell nach Hause und da ist es nicht so wichtig, ob die Klasse gefegt ist oder nicht. Wenn ich in der letzten Stunde in meiner Klasse bin, kann ich den Unterricht fünf Minuten früher beenden, um den Klassenraum aufräumen zu lassen. Fachlehrkräfte  wollen aber zu recht keine fünf Minuten von ihrem Unterricht abgeben. Und so passiert es immer wieder, dass der Klassenraum entweder nicht aufgeräumt ist oder die Kinder nach Schulschluss noch so lange fegen, dass sie die Zeit vergessen und zu spät in ihre Hortgruppe oder nach Hause kommen. Es ist ein Dilemma, weil das Aufräumen nun mal zum Schulleben gehört, aber nicht zwangsläufig zum Unterricht.

Auf der Suche nach einer Lösung für alle

Eine Lösung wäre, nur die Kinder fegen zu lassen, die nicht im Hort erwartet werden und somit nicht pünktlich beim Mittagessen sein müssen. Eine andere, die Kinder in einer der vorherigen Pausen fegen zu lassen und zu riskieren, dass in der letzten Stunde doch noch die Reste des Textilunterrichts oder des Sandes aus den Pausen in die Klasse getragen wird. Dann jedenfalls könnte ich als Klassenlehrerin die Kontrolle darüber behalten, wie sauber wir den Klassenraum am nächsten Morgen vorfinden. Da ich es mir aber nicht zur Aufgabe machen möchte, den Kinder zu suggerieren, dass es selbstverständlich ist, den Dreck anderer Menschen zu beseitigen, habe ich es mir angewöhnt, die Kinder immer sofort darauf hinzuweisen, Papier oder Wolle oder Essensreste usw. vom Boden aufzuheben. Inzwischen hat der Fegedienst nur noch wenig zu tun. Die Kinder werden immer sensibler dafür, die Augen offen zu halten für eine saubere Umgebung und damit auch positiver Lernatmosphäre.
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