Die ersten Regeln und Rituale gab es bei mir von Tag eins an. Ich wollte es den Kindern und mir so leicht wie möglich machen und habe daher wochenweise jeden Tag etwas dazu eingeführt, was dann „ab jetzt“ als Regel für uns galt. Das Tolle daran war, dass die Kinder mir immer selbst gezeigt haben, was sie als nächstes „brauchten“. Wenn ich merkte, dass etwas bei uns nicht gut klappt, wusste ich direkt, welches Ritual uns helfen würde. Einiges war also von Anfang an da und anderes kam erst später situationsabhängig dazu. Einige Beispiele dafür möchte ich euch in diesem Artikel vorstellen.
Sinnvolle Strukturen und Ordnung schaffen…
Vom ersten Tag an gab es das Begrüßungslied. Danach haben wir in den ersten Schulwochen immer gemeinsam durchgezählt, ob alle Kinder da sind. Nach einigen Wochen haben sie immer häufiger gefragt „Machen wir heute noch Sport?“, „Wann ist die Pause?“ oder „Rechnen wir erst oder schreiben wir erst?“ – und da wusste ich dann, dass es Zeit war, die Tagestransparenz einzuführen.
Mir war wichtig, möglichst wenig künstliche Atmosphäre zu schaffen, sondern genau das an Ritualen einzubauen, was nötig war, um die Struktur und Organisation zu erleichtern, die Kinder mit den Informationen aber gleichzeitig nicht zu überfordern oder „zuzuhängen“. Man tendiert ja sowieso in diesen oft bunten Räumen dazu, zu viel aufzuhängen. Davon möchte ich mich gar nicht freisprechen. Als Beispiel dafür: Die Buchstaben habe ich von Anfang an aufgehängt, aber die seltenen Laute wie „sch“, „sp“ und „st“ kamen erst dazu als wir sie auch besprochen haben.
Die Kinder haben sich übrigens bis heute einen Spaß daraus gemacht und kommen immer ganz begeistert zu mir, wenn sie etwas Neues im Klassenraum entdecken.
… z. B. mithilfe von Postfächern
Unter der Tafel gab es bei mir von Anfang an die Fächer „fertig“ „zurück“ und „Post“. Die Kinder legen ihre fertig bearbeiteten Hefte in das „fertig“-Fach und bekommen es korrigiert in „zurück“ wieder und wissen, dass sie die Elternbriefe oder Rückmeldungen in das „Post“-Fach legen können. Dazu gehört dann aber auch, dass ich ihnen diese Aufgabe nicht abnehme. Wenn mir ein Kind zum Beispiel einen Zettel mit „Das ist von meiner Mama für Dich“ entgegenstreckt, ist das zwar sehr süß, aber dann schicke ich es damit konsequent zum Postfach. Das ist auch für mich eine Erleichterung, weil er sonst auf meinem Schreibtisch im falschen Stapel landen könnte.
Zeichen und Symbole können helfen
Vom ersten Tag an gab es das Leisezeichen mit positiver Bestärkung für die Kinder, die sich schon daranhalten. Für die Gruppentische habe ich Farben gewählt und dann auch immer den Tisch gelobt, der morgens als erstes „startklar zum Arbeiten“ war. Dazu zählte, dass der Schulranzen am Tischhaken hängt, das Mäppchen auf dem „Mäppchenparkplatz“ lag und die Hausaufgaben rausgeholt wurden.
Mittlerweile arbeiten meine Kinder morgens immer als erstes an der „Guten-Morgen! Sonnenaufgabe“. Dazu schauen sie an die Tafel unter das Symbol der Sonne und sehen daran, was sie arbeiten können. Meistens ist da etwas für Mathe und Deutsch zur Auswahl oder auch etwas, was vom Tag vorher noch fertig zu machen ist. Die Hausaufgaben kommen jeden Morgen direkt in die Mitte jeden Gruppentisches. Wenn alle Hefte der Kinder da liegen, bringt ein Kind des Tisches sie auf das Sideboard mit dem „Hausaufgabenparkplatz“. Da die Kinder bei uns im offenen Anfang beginnen, entzerrt sich auf diese Weise der Andrang und jeder startet in seinem Tempo. Ich lasse die „Sonnenzeit“, wie die Kinder es mittlerweile nennen, dann immer noch etwas laufen und wenn auch der Letzte ein bisschen darin gearbeitet hat und angekommen ist, starte ich mit dem Begrüßungslied.
Als weiteres Ritual von Anfang an gab es den Gong meiner Klangschale als Zeichen dafür, dass sie leise und mich anschauen sollten. So etwas wie die Aufräummusik kam dann immer erst, wenn es auch gebraucht wurde.
Die Rituale entwickeln sich also weiter und auch von den Kindern kommen mittlerweile gute Vorschläge, wenn sie etwas verwirrend finden oder noch etwas brauchen. Gerade führen wir zum Beispiel Klassendienste ein. Welche, das haben die Kinder sich überlegt. Natürlich hatte ich da schon Ideen und wollte einige Dienste auch unbedingt haben. Aber die Erkenntnis, dass wir so etwas brauchen, das kam von den Kindern. Das freut mich natürlich und es stärkt auch das Gemeinschaftsgefühl und bindet die Kinder in die Klassenverantwortung mit ein.
Zu einem guten Classroom-Management zählt für mich auch eine gute Sitzordnung. Dazu habe ich mir natürlich auch so meine Gedanken gemacht. Dazu dann mehr im nächsten Artikel.
Welche Rituale sind euch besonders wichtig?